Sektorgutachten der Monopolkommission gemäß 44 PostG i.V.m. § 195 Abs. 2, 3 TKG, 13. Dezember 2023
Die Monopolkommission stellt heute ihr 13. Sektorgutachten Post vor.
- Das seit 1998 nahezu unverändert geltende Postgesetz bedarf dringend einer umfassenden Überarbeitung. Der aktuelle Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bildet eine gute Grundlage dafür und sollte zeitnah umgesetzt werden.
- Die Vorgaben für den Universaldienst, der das Mindestmaß an postalischer Versorgung darstellt, sollten entschlackt und so an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepasst werden.
- In dicht besiedelten Regionen können die Vorteile des Wettbewerbs auch im schrumpfenden Briefbereich weiterhin genutzt werden. Wo nötig, können Sendungsströme der Postdienstleister gebündelt werden.
- Arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen müssen auch im Postwesen wirksam durchgesetzt werden. Dazu sollten die Beschäftigten in die Lage versetzt werden, Missstände zu erkennen und anonym zu melden.
In den vergangenen 25 Jahren seit Inkrafttreten des Postgesetzes haben sich die Anforderungen der Gesellschaft an Postdienstleister erheblich gewandelt. Die Marktdaten zeigen einerseits einen anhaltenden Briefmengenrückgang und andererseits einen Paketmengenanstieg. Das alte Postgesetz entfernt sich immer weiter von der Lebenswirklichkeit der Menschen und Unternehmen. Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz am 28. November 2023 veröffentlichte Entwurf für ein neues Postgesetz greift viele Vorschläge der Monopolkommission aus vergangenen Gutachten auf. Wichtig ist, dass dieser Entwurf tatsächlich in ein neues Postgesetz mündet. „Die Stärkung des Wettbewerbs durch ein neues Postgesetz wird im Brief- und Paketbereich dazu beitragen, dass eine qualitativ hochwertige postalische Versorgung langfristig gesichert ist“, so Professor Jürgen Kühling, Vorsitzender der Monopolkommission.
Den Universaldienst an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpassen. Die Universaldienstvorgaben legen das Mindestmaß an postalischer Versorgung fest, das der Bevölkerung zur Verfügung stehen muss. Insbesondere im Briefbereich entsprechen die Vorgaben aufgrund ausge-bliebener Reformen nicht mehr der Lebenswirklichkeit. „Nicht mehr zeitgemäße Anforderungen im Universaldienstbereich führen zu hohen Kosten, die die Verbraucherinnen und Verbraucher zu tragen haben“, so Professor Kühling. Derzeit müssen 80 Prozent aller Briefe nach einem Tag die Empfängerinnen und Empfänger erreichen. Zukünftig könnten verschiedene Laufzeiten angeboten werden, zum einen die bisherige schnelle teure und zum anderen eine günstige langsame. Außerdem sollten die Verringerung der Briefzustelltage von sechs auf fünf geprüft und die Ersetzung einzelner Postfilialen durch geeignete Automaten ermöglicht werden. Darüber hinaus gesteht der Gesetzgeber der Deutsche Post AG überhöhte Gewinnzuschläge auf die Universaldienstleistungen zu, was die Porti weiter nach oben treibt. Gewinnzuschläge sollten wieder durch das etablierte Verfahren der angemessenen Eigenkapitalverzinsung bestimmt werden.
Briefzustellung durch Wettbewerbsförderung gezielt stärken. Die Deutsche Post AG dominiert mit einem Marktanteil von 85 Prozent insbesondere den lizenzpflichtigen Briefbereich. Dieser umfasst Briefsendungen bis zu einem Gewicht von 1.000 Gramm. Dennoch üben Wettbewerber eine disziplinierende Wirkung auf die Deutsche Post AG aus. „Ohne Wettbewerb könnte die Deutsche Post AG qualitativ schlechtere Leistungen zu höheren Preisen anbieten“, so Professor Kühling. In dicht besiedelten Regionen ist der Wettbewerb zwischen Briefdienstleistern möglich und sollte gestärkt werden. In dünn besiedelten Gebieten, in denen nur ein Briefdienstleister kostendeckend Briefe zustellen kann, sollten die Sendungsströme der verschiedenen Briefdienstleister gebündelt und durch einen Dienstleister zugestellt werden. Dies verbessert die Versorgungssicherheit und die Angebotsvielfalt in diesen Gebieten. Der sog. Teilleistungszugang ermöglicht es Wettbewerbern, in eben solchen Regionen Sendungen an die Deutsche Post AG zu übergeben. Seine Stärkung sollte ein Kernanliegen der Reform des Postgesetzes sein. Die Monopolkommission begrüßt, dass dies im aktuellen Gesetzesentwurf vorgesehen ist. Kritisch ist hingegen zu sehen, dass einige Dienstleistungen der Deutsche Post AG nach wie vor von der Umsatzsteuer befreit sind und eine Ausweitung dieser Befreiung geplant ist. Dies verschafft der Deutsche Post AG einen Wettbewerbsvorteil, weil Dienstleistungen der Wettbewerber nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.
Wirksame Durchsetzung des Schutzes von Beschäftigten sicherstellen. Die wirksame Durchsetzung der Rechte von Beschäftigen gewährleistet fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen. Im Paketbereich wurde in der Vergangenheit über zahlreiche Gesetzesverstöße zulasten von Beschäftigten berichtet. Ob die seither von Gesetzgeber und Paketdienstleistern ergriffenen Maßnahmen Wirkung entfaltet haben, wird derzeit noch untersucht. Sollten weitere Maßnahmen notwendig sein, empfiehlt die Monopolkommission, bei der Aufklärung von Beschäftigten über ihre Rechte anzusetzen. Zudem sollten sie Verstöße unkompliziert bei der zentralen Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz melden können. Dazu muss diese Meldestelle bekannter und mehrsprachig werden. Ein Subunternehmerverbot, das derzeit öffentlich diskutiert wird, hält die Monopolkommission für ungeeignet. Könnten Paketdienstleister keine regionalen Subunternehmer beauftragen, die z. B. Postsendungen unterschiedlicher Anbieter bündeln, würde dies zukünftige Marktzutritte erheblich erschweren.
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