Sektorgutachten der Monopolkommission gemäß 44 PostG i.V.m. § 195 Abs. 2, 3 TKG, 16. Dezember 2021


Die Monopolkommission stellt heute ihr 12. Sektorgutachten Post vor.

  • Die Deutsche Post AG hat in den meisten Postmärkten weiterhin eine starke Position.
  • Das Postgesetz bedarf einer grundlegenden Reform.
  • Amazon belebt den Wettbewerb auf dem Paketmarkt, sollte aber wegen der Möglichkeit, als Plattformbetreiber Marktmacht zu übertragen, beobachtet werden.

Die Monopolkommission stellt in ihrem heute veröffentlichten Sektorgutachten zu den Postmärkten fest, dass auf dem Briefmarkt weiterhin kein funktionsfähiger Wettbewerb herrscht. Die Deutsche Post AG dominiert diesen Markt mit einem Anteil von 83 Prozent. Auch auf dem Paketmarkt hat das Unternehmen mit einem Marktanteil von über 40 Prozent eine starke Marktstellung. Gleichwohl existieren auf dem Paketmarkt mehrere Wettbewerber mit bedeutenden Marktanteilen. Seit dem Jahr 2020 gehört auch die Logistiksparte von Amazon mit einem Marktanteil zwischen 5 und 15 Prozent zu den größeren Paketdienstleistern in Deutschland.

Mehr Schwung für den Wettbewerb im Briefmarkt durch ein neues Postgesetz. Zur Stärkung des Wettbewerbs auf dem Briefmarkt hat die Monopolkommission wiederholt eine Reform des seit 1997 weitgehend unveränderten Postgesetzes empfohlen. „Die „kleine“ Postgesetznovelle aus dem Jahr 2021 war unzureichend und bevorteilte zudem die Deutsche Post AG“, so Professor Jürgen Kühling, Vorsitzender der Monopolkommission. Durch die Gesetzesänderung sind Gewinnaufschläge bei den Entgelten für Postdienstleistungen genehmigungsfähig, die über den bei Wettbewerb üblichen Gewinnaufschlägen liegen.

Bereits seit Mai 2020 liegt ein Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für eine „große“ Postgesetznovelle vor. Dieser Entwurf ist eine gute Basis für eine umfassende Reform, die den Wettbewerb auf den Postmärkten stärken würde. Wichtige Punkte für eine notwendige „große“ Postgesetznovelle sind unter anderem:

  • Die Entgeltmaßstäbe in § 20 Postgesetz sollten neu geregelt werden. Diese führen unter anderem im Privatkundenbereich zu überhöhten Entgelten und bevorteilen die Deutsche Post AG gegenüber ihren Wettbewerbern.
  • Der Teilleistungszugang für Briefe sollte auf Warensendungen und Pressepost erweitert werden. Der Teilleistungszugang zu den Briefzentren der Deutsche Post AG ermöglicht Wettbewerbern den Zugriff auf deren Briefnetz. Da derzeit kein Wettbewerber über ein deutschlandweites Briefnetz verfügt, benötigen sie diesen Zugang, um ihren eigenen Kundinnen und Kunden eine bundesweite Zustellung anbieten zu können. Für Warensendungen und Pressepost, die häufig zusammen mit Briefen zugestellt werden, gibt es derzeit keinen solchen Zugang. Eine Erweiterung des Zugangs würde bestehende Wettbewerbsnachteile für alternative Briefdienstleister abbauen. Ihre Briefnetze würden stärker ausgelastet und über die Warenpost, die meist kleine günstige Artikel enthält, könnten sie am Wachstum im Onlinehandel teilhaben.
  • Die Vorlagepflicht für Verträge der Deutsche Post AG sollte erweitert werden. Das Postgesetz schreibt vor, dass die Deutsche Post AG der Bundesnetzagentur sogenannte Teilleistungsverträge vorlegen muss. Dies sind Verträge, bei denen Geschäftskunden Tätigkeiten wie z. B. das Sortieren oder Frankieren ihrer Briefe selbst übernehmen. Erbringen Geschäftskunden hingegen solche Tätigkeiten nicht selbst, sondern lassen ihre Briefe von der Deutsche Post AG sortieren und frankieren, gilt keine Vorlagepflicht. Dadurch besteht eine erhebliche Informationslücke in der Preisregulierung.

Amazon bringt neuen Schwung in den Paketmarktwettbewerb, sollte aber aufgrund seiner Fähigkeit als Plattformbetreiber Marktmacht zu übertragen, beobachtet werden. Amazons Bedeutung für den Paketmarkt nimmt zu. Das Unternehmen ist als größter Onlinehändler in Deutschland bedeutender Nachfrager nach Paketdienstleistungen und gehört seit dem Jahr 2020 mit seinem eigenen Paketzustellnetz zu den sechs größten Paketdienstleistern. Seine Anforderungen an die Qualität von Paketzustellungen fördern Innovationen und sein Paketzustellnetz belebt den Wettbewerb im Markt. Seine Position in Onlinehandel und Logistik versetzt Amazon außerdem in die Lage, bedeutende Nachfragemengen im Paketbereich auf sein eigenes Paketzustellnetz zu lenken. Damit besitzt Amazon strukturelle Wettbewerbsvorteile, die es nutzen kann, um seinen Marktanteil auf dem Paketmarkt zu erhöhen. Auch wenn dies zunächst den Wettbewerb auf dem Paketmarkt weiter intensiviert, ist damit die Sorge verbunden, dass Amazon als marktmächtiger Plattformbetreiber anderen Onlinehändlern Vorteile auf seinem Onlinemarktplatz bietet, wenn diese seine Paketdienstleistungen nutzen. „Damit könnte das Unternehmen in der Lage sein, seine Marktmacht als Betreiber des größten Onlinemarktplatzes in den Paketmarkt zu übertragen“, so Professor Jürgen Kühling. Das zukünftige Verhalten von Amazon als Plattformbetreiber sollte daher beobachtet werden.



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das Sektorgutachten